Jede werdende Mutter hofft auf eine komplikationslose Schwangerschaft und ein gesundes Kind. Gerade wenn es nicht so reibungslos verläuft wie erwünscht, sind die Anspannung und Sorge um das ungeborene Kind groß. Eine der am häufigsten vorkommenden Schwangerschaftskomplikationen ist der während der Schwangerschaft neu aufgetretene Bluthochdruck. Obwohl er harmlos sein kann, führt er in manchen Fällen zu ernsten Problemen (2). Bei seinem Auftreten wird nach Behandlungsmethoden gesucht, welche schonend für Mutter und Kind sind. Kann Rote Beete helfen?
Gestationshypertonie – Bluthochdruck in der Schwangerschaft
Bluthochdruck allgemein dürfte den meisten Menschen ein Begriff sein und ist keine Seltenheit. Grundsätzlich spricht man von zu hohem Blutdruck, wenn die Messwerte dauerhaft über 140/90mmHg liegen (1). Wenn er erstmalig während der Schwangerschaft auftritt und vorher noch nicht bekannt war, spricht man von Gestations-, oder Schwangerschaftshypertonie. Diese tritt meistens nach der Hälfte der Schwangerschaft auf, also etwa in der 20. Woche. Die Schwangerschaftshypertonie ist gar nicht so selten und kann in etwa 5-10% aller Schwangerschaften festgestellt werden. Sie bildet sich allerdings meist innerhalb von sechs Wochen nach der Schwangerschaft wieder zurück. Wenn der Bluthochdruck schon vor der Schwangerschaft bekannt war, spricht man vom „normalen“, chronischen Bluthochdruck (2).
Die meisten Schwangerschaften, in denen ein Bluthochdruck auftritt oder bereits vorher bekannt war, verlaufen komplikationslos. In einigen Fällen kann er jedoch zu der sogenannten Präeklampsie, also einer Verschlimmerung des Bluthochdrucks, führen. Im schlimmsten Fall entwickelt sich daraus eine Eklampsie, bei welcher Krampfanfälle auftreten. Dies kann lebensbedrohlich für Mutter und Kind sein (2). Besonders Erstgebärende und Mehrlingsschwangerschaften sind gefährdet. Auch Mütter mit Vorerkrankungen wie Diabeetes mellitus, Übergewicht und Nierenerkrankungen sind einem höheren Risiko ausgesetzt (3). Bei der Präeklampsie sind neben dem Bluthochdruck zusätzlich Anzeichen für einen Organschaden vorhanden. Meist ist die Niere betroffen, was sich als vermehrte Ausscheidung von Eiweiß im Urin zeigt. Aber auch die Leber kann durch den Bluthochdruck in Mitleidenschaft gezogen werden. In dem Fall zeigen sich im Blutbild erhöhte Leberwerte. Andere Symptome sind insbesondere die Wassereinlagerung (Ödeme) im Gesicht und an den Knöcheln, sowie Kopfschmerzen und plötzliche, starke Gewichtszunahme (4).
Die Präeklampsie kann unbehandelt zur vorzeitigen Entbindung und Eklampsie führen. Die damit einhergehenden Krampfanfälle treten als plötzliche und unwillkürlich ausgelöste Zuckungen und krampfartige Bewegungen auf. Während eines solchen Anfalls ist die betroffene Person meist für einen Moment nicht bei Bewusstsein. Ein Krampfanfall ist nicht immer gefährlich, allerdings verursacht er während der Schwangerschaft eine Minderdurchblutung der Plazenta. Dadurch sind sowohl die Mutter, als auch das Kind gefährdet, da nicht genug Sauerstoff zur Verfügung steht. Die Plazenta kann sich darüber hinaus vorzeitig ablösen. Auch akutes Nierenversagen, Hirnödeme oder Thrombosen können auftreten. Unbehandelt endet die Eklampsie tödlich und erfordert daher eine sofortige Gabe von Magnesiumsulfat und Blutdrucksenkern. Die Entbindung muss in dem Fall unabhängig von der Reife des Kindes umgehend erfolgen, da akute Lebensgefahr für die Mutter besteht (5). Diese Komplikation ist hierzulande dank regelmäßiger Kontrollen glücklicherweise selten und tritt nur bei 1,5-10 von 10.000 Schwangerschaften auf (6).
Wie wird die Gestationshypertonie behandelt?
In der Schwangerschaft aufgetretener Bluthochdruck ist nicht immer behandlungsbedürftig. So kann man bei einem leicht bis mäßig erhöhtem Blutdruck zunächst versuchen, sportliche Aktivitäten zu reduzieren. Dadurch werden Blutdruckspitzen vermieden. Zwar ist es während der Schwangerschaft grundsätzlich empfehlenswert, sich ganz normal körperlich zu betätigen. Allerdings können die beim Sport auftretenden Blutdruckspitzen eine Eklampsie hervorrufen, sofern bereits Bluthochdruck bekannt ist. Ab einem Blutdruck von 160/110mmHg sollte man auf jeden Fall mit Medikamenten behandeln. Immer behandlungsbedürftig ist auch ein Bluthochdruck, der mit einer Nierenschwäche einhergeht, da es sich hier bereits um eine Präeklampsie handelt (7).
Für die medikamentöse Behandlung des Bluthochdrucks gibt es feste Strategien und Leitlinien. Bei Bluthochdruck in der Schwangerschaft steht man jedoch vor dem Problem, dass die meisten Medikamente Schwangeren nicht verschrieben werden dürfen. Das einzige Medikament, welches bereits seit Jahrzehnten für Schwangere genutzt wird, ist Alpha-Methyldopa. Alle weiteren Präparate sind entweder nur eingeschränkt zu empfehlen, schwierig zu dosieren oder es wird komplett von der Einnahme während der Schwangerschaft abgeraten. Auch muss die Absenkung des Blutdrucks langsam erfolgen, da es ansonsten ebenfalls zu einer Unterversorgung der Plazenta kommen kann. Daher ist die Behandlung der Gestationshypertonie schwierig und bedarf immer einer Einzelfallentscheidung (8).
Die Wirkung der Roten Beete auf den Blutdruck
Der positive Effekt von Roter Beete auf den Blutdruck und ihre herzschützende Wirkung ist sehr gut untersucht und dokumentiert (9). Primär hängt diese mit dem hohen Gehalt an anorganischem Nitrat zusammen, welches im Körper zum sogenannten Stickstoff-Monoxid (NO) verstoffwechselt wird. Dieser Botenstoff erweitert die Gefäße und senkt damit den Blutdruck. Eine englische Studie aus dem Jahr 2013 belegt genau diesen Effekt: Die Probanden tranken täglich 250ml Rote Beete Saft, während die Kontrollgruppe lediglich Wasser zu trinken bekam. Die Resultate waren eindeutig – die Gruppe, welche den Saft getrunken hatte, konnte einen Blutdruckabfall von durchschnittlich 12mmHg verzeichnen. Außerdem hielt dieser Effekt bis zu 24 Stunden lang an. In der Kontrollgruppe und auch bei Menschen ohne Bluthochdruck konnten keine Veränderungen festgestellt werden (10). Die Ergebnisse konnten mittlerweile auch in großen Übersichtsarbeiten bestätigt werden (11). Die Rote Beete ersetzt dadurch zwar keine medikamentöse Therapie, kann aber im Kontext eines gesunden Lebenswandels eine sinnvolle Ergänzung sein.
Rote Beete gegen Schwangerschaftshypertonie?
Wie bereits erwähnt, gestaltet sich die Behandlung der Gestationshypertonie schwierig. Entsprechend erscheint die Einnahme von roter Beete als durchaus attraktive Alternative. So konnten einige Studien auch bereits eine positive Wirkung der roten Beete bei Bluthochdruck in der Schwangerschaft zeigen (12). Außerdem vermutet man, dass der verbesserte Blutfluss durch den Nitratgehalt das kindliche Wachstum begünstigt (13).
Nichtsdestotrotz sollte man aktuell wohl besser noch vorsichtig sein. Auch wenn es zum jetzigen Zeitpunkt keine Berichte über Schwangerschaftskomplikationen durch Rote Beete gibt, besteht zumindest ein theoretisches Risiko. So ist bekannt, dass Nitrat bei Kleinkindern zu einer Methämoglobinämie führen kann. Dabei wird das Sauerstoff-transportierende Hämoglobin umgewandelt und kann keinen Sauerstoff mehr binden. Dadurch kommt es zu einer entsprechenden Minderversorgung. Es ist durchaus möglich, dass ein ähnlicher Effekt auch bei einem ungeborenen Kind eintreten kann. So lange dieses Szenario nicht ausgeschlossen werden kann, ist daher von der Einnahme von roter Beete in der Schwangerschaft eher abzuraten (14).
Fazit
Die Studienlage zu roter Beete in der Schwangerschaft ist aktuell leider noch recht dünn. Da man die Einnahme von jeglicher Medikation oder Nahrungsergänzungsmitteln in der Schwangerschaft mit besonderer Vorsicht behandeln sollte, kann hier leider auch keine Empfehlung ausgesprochen werden. Kleine Mengen an Roter Beete in den Mahlzeiten sind sicher nicht verkehrt, besonders auch aufgrund des hohen Gehalts an Vitamin C. Allerdings sollte man es auf keinen Fall übertreiben. Vielmehr ist es ratsam, im Hinblick auf den eigenen Lebensstil zu versuchen, diesen so gesund wie möglich zu halten, um dem Bluthochdruck entgegenzuwirken. Alles Weitere sollte man in diesem Fall der behandelnden Arztperson überlassen. Von Selbstversuchen sollte man in der Schwangerschaft lieber absehen.
Quellen
- Psychrembel Online, Arterielle Hypertonie (abgerufen am 28.11.2022) https://www.pschyrembel.de/Bluthochdruck/K0ACE/doc/ 2) MSD MANUAL, Hypertonie in der Schwangerschaft (abgerufen am 28.11.2022) https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/gyn%C3%A4kologie-und-geburtshilfe/schwangerschaftskomplikationen-durch-erkrankung/hypertonie-in-der-schwangerschaft
- MSD MANUAL, Hypertonie in der Schwangerschaft (abgerufen am 28.11.2022) https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/gyn%C3%A4kologie-und-geburtshilfe/schwangerschaftskomplikationen-durch-erkrankung/hypertonie-in-der-schwangerschaft
- Berufsverband der Frauenärzte e.V., Schwangerschaftshochdruck/Präeklampsie: Ursachen und Risikofaktoren (abgerufen am 28.11.2022) https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/schwangerschaftshochdruck-praeeklampsie/ursachen-und-risikofaktoren/#:~:text=Zu%20diesen%20Risikofaktoren%20z%C3%A4hlen%3A,wie%20zum%20Beispiel%20Rheumatoide%20Erkrankungen
- Berufsverband der Frauenärzte e.V., Schwangerschaftshochdruck/Präeklampsie (abgerufen am 28.11.2022) https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/schwangerschaftshochdruck-praeeklampsie/ 5) Psychrembel Online, Eklampsie (abgerufen am 28.11.2022) https://www.pschyrembel.de/Eklampsie/K06LV
- AWMF online, Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: Leitlinienprogramm Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen – Diagnostik und Therapie (S. 76, abgerufen am 28.11.2022) https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-018l_S2k_Diagnostik_Therapie_hypertensiver_Schwangerschaftserkrankungen_2019-07.pdf
- AWMF online, Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: Leitlinienprogramm Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen – Diagnostik und Therapie (S. 59-62, abgerufen am 28.11.2022) https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-018l_S2k_Diagnostik_Therapie_hypertensiver_Schwangerschaftserkrankungen_2019-07.pdf
- ÄrzteZeitung, Schwangere mit Hypertonie: Bei Therapie gibt’s Probleme (abgerufen am 28.11.2022) https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Schwangere-mit-Hypertonie-Bei-Therapie-gibts-Probleme-273660.html
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